
Die Globalisierung geht selbst an den Kleinsten nicht vorbei. Schon mit Beginn der Schulzeit waren viele Kinder bereits mehrfach mit Mama und Papa im Ausland und die beste Freundin im Kindergarten spricht Englisch, Französisch oder Türkisch. Sprachenlernen fällt Kindern wesentlich leichter als Erwachsenen. Daher sind die frühen Jahre besonders gut geeignet, um mühelos Sprachen zu lernen. Bilinguale Kinderbetreuung ist Trend – doch wie kann sie in der Praxis umgesetzt werden?
Internationale Kindergärten: Bilingualität beginnt bereits im Kindergarten
Zweisprachige Kindergärten wurden in Österreich zunächst aufgebaut, um ausländischen Kindern die Integration in die neue Heimat zu erleichtern. Mittlerweile füllen sich die Wartelisten aber auch mit Familien, bei denen Zuhause nur deutsch gesprochen wird. Eltern sehen den großen Vorteil darin, dass Kinder in einem mehrsprachigen Kindergarten ohne Lernstress eine neue Sprache lernen. Diese Art des Spracherwerbs wird als Immersion bezeichnet. Die neue Sprache wird im Alltag vermittelt, ganz ohne Lernstress, ohne Vokabeln zu pauken und Regelwerke der Grammatik auswendig zu lernen.
Wissenswert: Es gibt im Kindesalter ein Zeitfenster für das immersive Lernen. Das Gehirn ist noch formbar und bildet schnell neue Synapsen. Es öffnet sich mit dem Zeitpunkt, in dem Kinder Sprache verstehen können und schließt sich mit etwa 6 oder 7 Jahren wieder. Danach findet der Lernprozess bewusster statt und es ist kaum noch möglich, ein Muttersprachenniveau zu erreichen.
Vorsicht bei der Wahl eines zweisprachigen Kindergartens
Es gibt keine genaue Definition dafür, welcher Kindergarten sich bilingual nennen darf. Während in einigen Einrichtungen tatsächlich Muttersprachler beschäftigt sind, die ihre Sprache in den Alltag der Kinder integrieren, kommt in anderen nur einmal in der Woche eine Lehrerin für zwei Stunden, die mit den Kindern englische Lieder singt. Letzteres trägt wenig zum Erlernen einer zweiten Sprache bei.
Kindergärten, die das Prinzip des immersiven Spracherwerbs korrekt umsetzen, arbeiten nach dem 1-Personen-Prinzip. Dabei spricht eine Person immer dieselbe Sprache mit den Kindern. Eine Erzieherin spricht Deutsch, die andere Englisch mit den Kindern. In anderen Kindergärten ist der Spracherwerb nicht Personen- sondern zeitgebunden. Vormittags wird Deutsch gesprochen, nachmittags Englisch. Auch dabei gelingt den Kindern eine klare Zuordnung. Wichtig ist, dass der Kindergarten die beiden Sprachen gleichrangig vermittelt und nicht beispielsweise die Muttersprache stiefmütterlich behandelt.
Das sind die Vorteile eines bilingualen Kindergartens
Neben dem leichteren Spracherwerb kann ein zweisprachiger Kindergarten die Toleranz gegenüber fremden Kulturen fördern. Kinder nehmen es als etwas Natürliches wahr, dass ein Mensch anders aussieht oder eine andere Sprache spricht. Das ist besonders wichtig in Großstädten, in denen es eine hohe Dichte an ausländischen Nachbarn gibt, um die schnellere Kontaktaufnahme zwischen den Kindern unterschiedlicher Herkunft zu fördern.
Die am häufigsten in einem bilingualen Kindergarten in Österreich gelehrten Sprachen sind:
• Englisch
• Arabisch
• Spanisch
Weitere Informationen zu bilingualen Kindergärten gibt es hier.
Wird das Konzept der bilingualen Kinderbetreuung richtig gelebt, kann ein besserer Start in eine globalisierte Welt gelingen. Auch das Gefühl für Sprache wird allgemein gefördert und damit auch der Weg bereitet für das Erlernen weiterer Sprachen.
Bilinguale Kinderbetreuung mit mehrsprachigen Babysittern
Die Wartelisten in bilingualen Kindergärten sind lang. Wer keinen Platz bekommt oder sich erst einmal an eine zweisprachige Betreuung herantasten möchte, der kann sich einen zweisprachigen Babysitter buchen.
Die Eltern sind dabei ganz flexibel in der Art und im Umfang der Betreuung. Sie können die internationale Kinderbetreuung stundenweise buchen, zu festen Zeiten in der Woche oder auch ganztags.
Vorzugsweise sollten sich Eltern für eine muttersprachliche Betreuungsperson entscheiden, damit sie sicher gehen können, dass die Sprache auch fehlerfrei vermittelt wird. Ein Vorteil ist, dass die zweite Sprache wie in einem bilingualen Kindergarten von ein- und derselben Person gesprochen wird und hier eine klare Zuordnung erfolgt. Mama und Papa sprechen Deutsch, die Babysitterin Englisch, Türkisch oder Französisch.
Wie finde ich eine fremdsprachige Kinderbetreuung?
Über die Vermittlungsplattform Yoopies könne Eltern die Suchfilter so einstellen, dass Ihnen eine genau passende Auswahl an Betreuungskräften angezeigt wird. Sie haben die Möglichkeit, sich die Babysitter nach der Stadt anzeigen zu lassen und Kriterien wie die Muttersprache auszuwählen. Dadurch ist es ganz einfach möglich, eine Muttersprachlerin oder einen Muttersprachler zu finden, der in der Wunschsprache mit dem Kind während der Betreuungszeit spricht.
Die Betreuung durch den muttersprachlichen Babysitter sollte regelmäßig stattfinden, damit sie die gewünschte Wirkung zeigt und die Kinder regelmäßig in Kontakt mit der zweiten Sprache kommen.
Hat die bilinguale Erziehung auch Risiken?
Wenn das Konzept von den Eltern und den Betreuungskräften nicht richtig umgesetzt wird, hat es auch Nachteile. Zunächst darf kein Druck ausgeübt werden. Ein ständiges Abfragen neu erlernter Vokabeln ist tabu. Besonders engagierte Eltern bringen bereits Neugeborene zu Englischkursen für Babys bzw. mehrsprachigen Krabbelgruppen. Dort werden englische Lieder gesungen und Reime gemacht – der tatsächliche Sinn solcher Krabbelgruppen für den Spracherwerb darf aber angezweifelt werden, denn erst ab etwa 9 Monaten können Kinder erste Laute voneinander unterschieden und Sprache bewusster wahrnehmen.
Eltern, die die Zweitsprache nicht als Muttersprache beherrschen, sollten nicht künstlich versuchen ihren Kindern Englisch, Französisch oder Japanisch beizubringen. Es können sich schnell Fehler einschleichen und die Kinder spüren es zudem, wenn die Sprachvermittlung unter Anstrengung erfolgt. Im schlimmsten Fall kommt es zu einer sogenannten Halbsprachigkeit. Das Kind beherrscht jede Sprache ein bisschen aber keine richtig. Daher ist es wichtig, die bilinguale Kinderbetreuung in professionelle Hände zu legen – sie muss klaren Regeln und Prinzipien folgen.
Für welche Kinder ist eine bilinguale Kinderbetreuung nicht geeignet?
Abstand nehmen sollten Eltern von einem internationalen Kindergarten, wenn das Kind allgemein bereits Schwierigkeiten mit dem Erwerb der Muttersprache hat. Es macht in diesem Fall keinen Sinn, es noch mit einer weiteren Sprache zu fordern bzw. zu überfordern. Die bilinguale Kinderbetreuung ist nur für diejenigen sinnvoll, die mühelos die Muttersprache lernen und damit offen sind für eine weitere Sprache.
Bilingualität ist für Kleinkinder keine Belastung
Der Besuch eines fremdsprachigen Kindergartens oder Betreuung ist für Kleinkinder keine Belastung. Der Spracherwerb wird nicht wie ein bewusstes Lernen, eine Aufgabe oder ein Unterricht mit Lerndruck wahrgenommen, sondern ist ein natürlicher Bestandteil des Alltags. Spracherwerb findet während des Spielens, Singens und Essens statt – ganz ohne zusätzliche Anstrengung.
Damit die zweisprachige Erziehung aber tatsächlich fruchtet, muss der Spracherwerb auch nach dem Kindergarten in der Schule weitergeführt werden. Wenn das Kind 3 Jahre lang im Kindergarten Japanisch lernt und dann bis zur Matura nie wieder in Kontakt mit der Sprache kommt, geht das Gelernte leider wieder verloren.